Boot fahren auf dem Rhein ist nicht schwieriger, als mit einem Wohnwagen über die Autobahn zu fahren
Peter Weidner aus Mannheim fährt schon seit mehr als 30 Jahren Boot. Im Jahr 2013 kauften er und seine Frau Sabine eine Linssen Grand Sturdy 40.9 Sedan Motoryacht. Sie ist zu ihrem zweiten Zuhause geworden, mit dem sie lange Fahrten auf den französischen Kanälen und anderen Wasserstraßen Europas unternehmen. Als Kenner erklärt uns Peter, warum das Fahren auf dem Rhein mit eine Verdrängeryacht nicht gefährlicher oder schwieriger ist als auf anderen Flüssen – ein Irrtum, dem viele Freizeitschifferinnen und -schiffer erliegen. Peter: „Wenn man gut vorbereitet ist und acht auf die Handelsschiffe gibt, kann einem nichts passieren.“
Peter hat lange Zeit für eine deutsche Bank gearbeitet, seine Frau Sabine war Physiotherapeutin. Im Jahr 2010 eröffneten sie in Mannheim einen Feinkostladen mit Produkten aus Südfrankreich, speziell der Provence. Die Einschränkungen während der Coronazeit bestärkten sie jedoch, das Geschäft nach zehn Jahren zu schließen. Seitdem nutzen sie ihre Linssen-Yacht noch häufiger. Peter lacht: „Wir sind zwar noch nicht im Ruhestand, aber wir üben schon fleißig dafür.“
Werkzeugwagen
Zum Kauf ihrer 40.9 Sedan erzählt Peter eine nette Anekdote: „Unsere ersten Erfahrungen mit einer Linssen-Yacht haben wir während eines Bootsurlaubs in Zeeland gemacht. Dort hatten wir über Linssen Boating Holidays eine Linssen Yacht gechartert. Wir waren so begeistert davon, dass wir auf dem Rückweg einen Zwischenstopp bei Linssen Yachts in Maasbracht einlegten. Dort wurden wir von Ed Cuijpers sehr gut beraten. Er führte uns in die Produktionshalle und zeigte uns eine 40.9 Sedan, die gerade gebaut wurde – und schließlich entschieden wir uns auch für ein solches Modell, da es alle unsere Anforderungen erfüllte. Auch mein Schwiegervater war dabei. Ihm reichte bereits der Blick in den erstbesten Werkzeugwagen in der Produktionshalle. Als er eine Schublade öffnete und sah, dass die Werkzeuge darin ordentlich und sorgfältig geordnet waren, lautete sein Fazit: „Hier kann man unbesorgt eine Yacht kaufen.“
Der Rhein ist wie eine Autobahn
Mit seiner langjährigen Erfahrung könnte Peter beinahe ein Buch über das Bootfahren auf dem Rhein schreiben. Außerdem spricht er regelmäßig mit Yachteignerinnen und -eignern, die sich nicht auf diesen viel befahrenen Fluss trauen. Dabei ist das Fahren auf dem Rhein laut Peter nicht gefährlicher als auf anderen Flüssen. Peter: „Natürlich wird der Rhein intensiv für die Berufsschifffahrt genutzt. Das schreckt Freizeitschifferinnen und -schiffer ab. Doch wenn mich jemand fragt, ob er mit seinem langsamen Verdränger auf dem Rhein fahren kann, stelle ich immer die folgende Gegenfrage: ‚Kann man mit einem Wohnwagen auf der Autobahn fahren?‘ Auf dem Rhein gehören wir zu denjenigen, die langsam fahren und vom Berufsverkehr überholt werden. Das muss man akzeptieren. Auf der Autobahn wird man schließlich auch von Lkws überholt, wenn man mit seinem Wohnwagen unterwegs ist. Außerdem fährt man mit seinem Wohnwagen auch nicht kreuz und quer über die Straße, sondern hält sich so weit rechts wie möglich. Auf dem Rhein ist das nicht anders. Und bei einem Stau fährt man auf der Autobahn auch automatisch langsamer, genauso wie auf dem Rhein.“
Stromabwärts oder stromaufwärts
Wenn man stromabwärts von Basel nach Rotterdam fährt, geht es etwas schneller und man kann mit der Berufsschifffahrt mithalten. Peter: „Wir fahren dann durchschnittlich mit 15 km/h bei mittlerem Gas. Stromaufwärts sieht die Sache aber anders aus. Angenommen, der Rhein fließt mit einer Geschwindigkeit von 5 km/h und man selbst ist mit 10 km/h unterwegs, dann bewegt man sich in Wirklichkeit mit einer Geschwindigkeit von 5 km/h vorwärts. Da der Berufsverkehr mit Geschwindigkeiten von bis zu 20 km/h vorbeizieht, sind Freizeitschifferinnen und -schiffer häufig verunsichert. Mein Rat: Ruhig bleiben und rechts halten, wenn man überholt wird. Peter: „Oder noch besser… man plant den Urlaub als Rundfahrt, damit man auf dem Rhein flussabwärts wieder Richtung Heimat fahren kann.“
Sogwirkung
Man sollte sich nicht von Geschichten über hohe Wellen auf dem Rhein abschrecken lassen. Peter: „Es kann passieren, dass die Yacht schaukelt. Aber das macht doch auch den Reiz des Bootfahrens aus. Daher sollte man am besten die Gegenstände, die nicht herunterfallen dürfen, wegräumen, bevor man auf den Rhein hinausfährt. Doch fünf Meter hohe Wellen gibt es dort wirklich nicht. Die Strömung kann stark sein und eine Sogwirkung erzeugen. Wenn man sich zu nahe an einem Binnenschiff befindet, wird man dann mitgerissen. Darum sollte stets ein Abstand von mindestens zehn Metern eingehalten werden. Wenn man immer schön rechts an den Tonnen entlangfährt, wird nichts passieren.”
Bootsführerschein
Peter hat noch einen weiteren wichtigen Tipp: Und zwar sollte beim Befahren des Rheins sichergestellt werden, dass die richtigen Papiere vorhanden sind. Für die niederländischen Skipper gibt https://www.vaarbewijs.nl/buitenland.html Auskunft. Peter: „Für Boote ab 5 PS und mit einer Länge von bis zu 15 Metern ist in Deutschland der Sportbootführerschein (SBF) Binnen erforderlich. Wenn die Yacht länger als 15 Meter ist (bis zu einer Länge von 25 Metern), muss man zum Fahren auf dem Rhein im Besitz eines Sportpatents sein. Ausländische Schiffe müssen außerdem eine Mehrwertsteuerbescheinigung mitführen. Die Wasserschutzpolizei kontrolliert dies. Wenn nicht die richtigen Papiere vorgewiesen werden können, kann die Yacht schnell festgesetzt werden.
Der Berufsschifffahrt Raum geben
Das Fahren auf dem Rhein steht und fällt mit einer guten Vorbereitung. Von Mannheim nach Köln zum Beispiel sollte man nicht einfach so losfahren. Der Vergleich mit dem Autofahren gilt auch hier. Peter: „Die meisten werden wahrscheinlich auch vor der Abfahrt in den Urlaub eine To-do-Liste abarbeiten. Folgenden Punkt gilt es zu beachten: Man sollte die Berufsschifffahrt akzeptieren und ihr den nötigen Raum geben. Denn die Berufsschifferinnen und -schiffer müssen unter Zeitdruck von A nach B kommen und sind vielleicht gestresst. Wir als Freizeitschifferinnen und -schiffer hingegen haben alle Zeit der Welt.“
Viele Möglichkeiten
Auch ohne all die Sehenswürdigkeiten entlang des Wegs ist der Rhein eine Bootstour wert. Die landschaftliche Vielfalt ist auf einer Gesamtlänge von 900 Kilometern riesig. In einem Moment fährt man an einem Industriegebiet vorbei, im nächsten passiert man eine Stadt oder blickt auf Weinberge oder unberührte Natur. Peter: „Der Rhein bietet viele Möglichkeiten. Meine Frau Sabine und ich finden die Rundfahrten immer sehr interessant. Wir wohnen in Mannheim und fahren von dort aus flussabwärts bis Koblenz, wo wir auf die Mosel abbiegen. Von da an haben wir verschiedene Möglichkeiten, über Frankreich wieder auf den Rhein zu gelangen und flussabwärts nach Hause zu fahren. Doch auch die Fahrten über den Oberrhein (Basel bis Bingen) bzw. Mittelrhein (Bingen bis Bonn) sind landschaftlich sehr eindrucksvoll. Gerade im Bereich ab Iffezheim bis Bingen gibt es viele Altrheinarme, die zum Ankern und Baden einladen. Die dortigen Clubs liegen mitten in der Natur. Wir können diese und andere Routen jedem wärmstens empfehlen.“
Fahren auf dem Rhein? So bereitet man sich optimal vor
- Man sollte sich im Voraus mit der Fahrtroute und den wichtigen Informationen über Häfen, Schleusen und Wasserstände vertraut machen.
- Es sollte sichergestellt werden, dass die richtigen Handbücher, Gewässerkarten und natürlich die notwendigen Bootsführerscheine vorhanden sind.
- Man sollte die Bedeutung der speziellen Bojen, wie z. B. zur Begrenzung des Fahrwassers, kennen oder sich diese notieren.
- Man sollt sich rechts halten und auf die blauen Tafeln der Berufsschifffahrt achten. Damit wird eine Steuerbord-Steuerbord-Begegnung angezeigt, auf die die Berufsschifffahrt achten muss. Als Sportbootfahrer muss man diesen Tafeln nicht Folge leisten, sollte es aber dennoch tun.
- Der Anker sollte vorbereitet werden.
- Nachts oder bei schlechter Sicht sollte man nicht fahren.
- Die Geschwindigkeit der Binnenschiffe ist nicht zu unterschätzen. Stromabwärts erreichen sie Geschwindigkeiten von 20 bis 25 km/h. Stromaufwärts fahren sie 15 bis 20 km/h.
- Um Probleme zu vermeiden, bleibt man hinter einem Binnenschiff und hält ausreichend Abstand (mindestens zehn Meter). So gewöhnt man sich am Einfachsten an den Rhein.
- Wenn sich ein Funkgerät und der entsprechende Nachweis an Bord befindet, sollte man Kanal 10 mithören.
- Bei hohem Wasserstand z. B. Hochwassermarke I empfiehlt es sich nicht, flussaufwärts zu fahren. Denn dann ist die Strömung des Rheins an manchen Stellen einfach zu stark.
- Die neusten Nachrichten können auf www.elwis.de verfolgt werden.
Schöne Fahrrouten und Rundfahrten über den Rhein
Fahrrouten
- Bei Mülhausen zum Rhein-Rhone-Kanal und Mittelmeer.
- Bei Straßburg in den Rhein-Marne-Kanal nach Frankreich, Belgien, in die Niederlande.
- Bei Mannheim in den Neckar bis hinter Stuttgart nach Plochingen.
- Bei Mainz in den Main bis zum Schwarzen Meer und über die Türkei, Griechenland, Italien und Frankreich in die Rhone und zurück.
- Bei Koblenz in die Mosel Richtung Frankreich, Belgien und die Niederlande.
- Bei Duisburg in den Rhein-Herne-Kanal nach Berlin, Hamburg, Bremen, zur Ostsee, zur Nordsee.
- Bei Nimwegen in die Maas nach Belgien und Frankreich, Deutschland.
- Bei Tiel in den Amsterdam-Rhein-Kanal nach Amsterdam.
Rundfahrten
- Maas, Rhein-Marne-Kanal, Mosel. Dann entweder nach Koblenz in den Rhein und zurück oder über Nancy nach Straßburg in den Rhein und zurück.
- Rhein bis Mülhausen, Rhein-Rhone-Kanal bis zur Saône, in die Rhone bis Marseille oder Bordeaux.
- Rhein bis Koblenz in die Mosel, dann Vogesenkanal in die Saône und Rhein-Rhone-Kanal bis zum Rhein.
- Mainz in den Main, Main-Donau-Kanal, Schwarzes Meer, Bosporus, Griechenland, Italien, Frankreich, bei Marseille in die Rhone und den Norden nach Deutschland oder Belgien oder in die Niederlande.
Fahren auf dem Rhein mit einer Linssen-Motoryacht